Das Browser-Dilemma
Webbrowser sind eine tolle Sache: Sie machen es möglich, mit bequemen Mausklicks durch die unendlichen Weiten des Webs zu surfen und...

Ach, Quatsch! Browser sind in ihrer heutigen Form einfach nur lästig und nervtötend! Sie sind Quelle unendlicher Konflikte, besitzen mehr Sicherheitslöcken als das gute alte BTX (IE im besonderen und sonst alle anderen), stürzen ab, brauchen immer mehr Rechenleistung und vor allem Arbeitsspeicher (Firefox! Ich meine dich!), telefonieren nach Hause (Safari, Chrome), oder werden zu gigantischen Allzweckwaffen aufgebläht (Opera).

Wir alle nutzen sie mindestens täglich und doch ist eigentlich keiner, wenn er wirklich ehrlich ist, vollkommen mit ihnen zufrieden.

Doch, oh Wunder, es gibt da einen Browser, der alle Nutzer zufrieden stellen will: Firefox. Im Ausgangszustand ein spartanisches Gerüst, das als einziges, ehemals mal bemerkenswertes Feature, mit Tabbed Browsing glänzen kann. Wer das Programm in diesem Zustand nutzt, ist entweder unterbelichtet oder masochistisch oder hat schlicht zu lange mit dem immer noch grässlichen IE verbracht. Wie dem auch sei: Erst durch die unglaubliche Vielfalt an Addons wird der Firefox zu etwas besonderem.

Problem: Die Auswahl ist gigantisch groß, die meisten Erweiterungen nutzlos, Konflikte an der Tagesordnung.

Problem Nr. 2: Die Addon-Sucht. Addon-Sucht ist eine nicht mehr seltene Unterform der Softwareinstallationsunddownloadsucht, auch bekannt unter ihrem medizinischen Namen aviditas firefoxis, bzw. aviditas firefoxis addonna. Merkmale dieser Sucht sind eine ständige Unzufriedenheit mit dem Browser, eine kleptomanische Addon-Sammelsucht (habe 33 Addons angesammelt, von denen mindestens 8 gar nicht mit Version 3.6 kompatibel sind) sowie das völlige Unvermögen, diese Addons alle sinnvoll und regelmäßig zu nutzen und regelmäßg auszumisten.

Bisher ist diese Krankheit nur durch traumatische Schocks (zwangsweise Benutzung von IE oder Chrome für wenige Minuten) eingeschränkt therapierbar. Klinische Untersuchungsergebnisse und Statistiken stehen noch aus, doch wird von einer weiten Verbreitung unter jüngeren Internetnutzern und Nerds berichtet.

Aber wieviel verzeiht man doch dem mir in letzter Zeit erschreckend oft abschmierenden Feuerfuchs, wenn die fire.fm-Erweiterung eingeschaltet ist und Ella Fitzgerald und Louis Armstrong gemeinsam wunderschönen Jazz zelebrieren. *Schnüff*

Wo waren wir? Bei Browsern im allgemeinen und einem gewissen Dilemma mit ihnen im besonderen. Das Dilemma in meinem Fall ist die unstillbare Addon-Sucht, die aber auch positive Dinge mit einschließt, wie das einmalig zuverlässige und wartungsfreie Adblock+, das unverzichtbare NoScript, das praktische Tabmix+, den ständig nützliche Flagfox und das besagte, mittlerweile für mein Surferlebnis äußerst wichtige fire.fm-Addon.

Ich wünsche mir einen anderen Browser, denn ich zähle jetzt in diesem Moment mit vier offenen Tabs knapp 60 interaktive Schaltflächen, Knöpfe und ausfahrbare Menüs. Das ist deutlich zu viel. Andererseits komme ich mit dem Minimalismus eines Chrome/Iron nicht klar, will den Opera mögen, aber schaffe es nicht, halte Apple mit seinem Safari für eine Ausgeburt der Hölle und ja, ich habe mich gewöhnt an den fetten Firefox: Er ist wie ein alter geliebter Sessel, also schwer, müffelt ein bisschen und auch ein Bein ist nicht mehr ganz fest, doch ich habe den Bezug selbst drübergezogen und geflickt und so viele tolle Bücher auf ihm gelesen, einfach eine Menge wunderbarer Stunden mit ihm verbracht. Auch wenn mir überall gesagt wird, endlich mal eine neue Unterlage für meinen Hintern zu finden, so hänge ich doch an dem alten Stück, das mich immerhin schon seit mehr als fünf Jahren begleitet.

Glenn Miller trompetet gerade von einer amerikanischen Patrouille, der Tag geht zu Ende und ich frage mich, wie ich diesen Eintrag irgendwie schwungvoll zu Ende bringen kann. Bloggen ist doch schwerer als ich dachte; ich habe für diesen Beitrag schon viel zu lange gebraucht und viel zu platte Witze gerissen...

"Nicht noch ein Tech-Blog..." heißt die neue Kategorie, die ich mit diesem Text einführe. Der geneigte Leser kann mit weiteren Beiträgen dieser verschwurbelt betont unnüchternen Art rechnen und sich ganz sicher sein, dass dies nicht noch ein Tech-Blog wird.