Strahlende Landschaften
Deutschland liebt Atomenergie! Deutschland verehrt diesen günstigen Strom und vergöttert die kraftwerksbetreibenden Konzerne! Stimmt nicht? Die Deutschen lehnen Kernenergie mehrheitlich ab? Aber die Volksvertreter, die die Interessen dieser Deutschen vertreten sollen, handeln doch völlig anders! Wie geht das?

Gut, genug rhetorische Spielchen. Zu den Fakten: Die Zukunft ist strahlend! Deutsche Atomkraftwerke werden in wenigen Jahren die am längsten laufenden der Welt sein. Anderswo wird neu gebaut oder, viel besser, abgeschafft, während man in Deutschland sich auf die eigene Werarbeit verlässt. Aber warum?

Warum schenkt man extrem erfolgreichen Energiekonzernen gigantische Geldsummen, riskiert die Sicherheit der Bürger eines ganzen Kontinents ohne auch nur den Ansatz einer ernstzunehmenden Gegenleistung seitens der Konzerne zu bekommen?

Das sind die selben Konzerne, die schon in der Vergangenheit große Probleme hatten, die alten Meiler unter Kontrolle zu halten.

Genau diese Energieanbieter sind es, die den Markt hierzulande genüsslich unter sich aufgeteilt haben und gutsherrschaftlich immer höhere Preise für Firmen und Endverbraucher diktieren. Gleichzeitig beißen die Regierungszombies unter Merkel auf Argumente wie "Atomstrom = günstiger Strom" und "Atomstrom sichert den Übergang zu erneuerbaren Energien!" gierig lechzend an.

Beratungsresistent hat Schwarzgelb Deutschland mit dem "Atomkompromiss" in eine nukleare Sackgasse geritten. Ich bin wirklich jemand, der versucht ruhig und gemäßigt Stellung zu einem Thema zu nehmen, aber in diesem Falle kann und will ich mich nicht zurückhalten!

Ein Vertrag wird zwischen Bundesregierung und Konzernen geschlossen. Dieser Vertrag über Laufzeitverlängerungen, Investitionsbegrenzungen und zahlreiche andere Nettigkeiten wird weder veröffentlicht, noch wird die Meinung der Öffentlichkeit, der Parlamente oder unabhängiger Experten aus den Bereichen Nuklearphysik, Kraftwerkstechnik oder auch nur Ökonomie im Ansatz ernst genommen. Was maßen sich diese sogenannten Volksvertreter eigentlich an? Wie kann es eine Regierung wagen, einen Vertrag abzuschließen, dessen Folgen jeden Bürger dieses Landes und vielleicht sogar dieses Kontinentes in den nächsten Jahrzehnten und darüber hinaus lebensbedrohlich gefährden könnte?

Seit Beginn der Bundesrepublik wird kriecherisch der Atomindustrie Geld des Steuerzahlers in den Hintern geschoben. Warum ist Atomstrom so billig? Weil ihn jeder über Steuern mitbezahl! Forschung, Fördergelder und Subventionen, Endlagerbetrieb, Entsorgung, Logistik, Schutz - all das wird gerne übernommen.

Selbst nach Tschernobyl hat sich daran nichts geändert. Nur hat man jetzt eine Öffentlichkeit, die sich der Risiken dieser ach so sauberen Energiequelle bewusst ist. Folgen auf die Politik hat das aber keine. Stattdessen werden zehntausende radioaktive Fässer in Endlagerstätten "versehentlich" falsch deklariert oder sogar "vergessen", fließen Subventionen und Hilfen ungestört weiter.

Mir fällt es wirklich schwer, meine Wut über diese Feigheit, diese unglaubliche Dreisthaftigkeit der an dem Atomkompromiss beteiligten Regierungsvertreter in Zaum zu halten. Dies ist ein Land, das sich Demokratie schimpft. Volksherrschaft! Ich weiß, dieses Volk ist dumm und stumpf, aber dieses Volk hat es nicht verdient, von seinen gewählten Vertretern verkauft zu werden und ebensowenig haben es die im Ernstfall einer Kernschmelze, eines Lecks oder einer anderen nuklearen Nettigkeit betroffenen europäischen Nachbarn verdient.

Es ist wahrlich eine unglaubliche Lobbyleistung der Konzerne. Man ist gut vernetzt, die Grenzen zwischen Politik und Wirtschaft verschwimmen gerade im Energiebereich stark. Ich kann aber dennoch den plumpen Verdacht nicht aus meinem Kopf tilgen, dass im Vorfeld dieser verrotten riechenden Sache reichlich gut gefüllte Köfferchen ihren Besitzer wechselten.

Ich kann wirklich nicht glauben, dass einfach nur Dummheit seitens der Regierenden dahintersteckt. So dumm können die nicht sein, unmöglich!

Egal ob dumm oder nicht: Man hat gründlich dafür gesorgt, dass zukünftige Regierungs- und Stimmungswechsel das einvernehmliche Geschäft nicht ruinieren: Geheimklauseln, so wird gerade allerorten gemunkelt, verhindern eine nachträgliche Zurücknahme der Privilegien. So versucht man, diesen von vorne bis hinten verfassungswidrigen Vertragskonstrukt abzusichern.

Das Bundesverfassungsgericht wird noch viel zu tun haben, davon bin ich überzeugt. Der Ausgang des Verfahrens wird dann zeigen, welche Teile dieser Demokratie noch funktionieren und welche nur gut geschmiert irgendwie laufen.

Immigranten, "Sprachpanscher", Rechte, Linke, Terroristen und Kommunisten: Sie alle haben allen Unkenrufen nicht die Macht, Deutschland, seine Einwohner und seine Gesellschaft wirklich zu gefährden. Alte Atomkraftwerke hingegen, mühsam zusammengehalten durch Spucke und gut geschmierte Vertragstexte, könnten morgen oder in ein paar Jahren tatsächlich für das "finis germaniae" verantwortlich sein. Dann gibt es nicht mehr blühende Landschaften im Osten, sondern strahlende Landschaften im ganzen Lande...




Demokratie gleich Volksherrschaft?
Na ja. Es war doch immer so, daß eine obere Klasse die Pyramide durch Dirigieren bildete. Die anderen bekamen für den Feierabend erst etwas zu essen, dann einen Zweitkühlschrank und schließlich einen Drittfernseher. Und der untere Mittelstand die Hoffnung, zum oberen aufsteigen zu können.

Vielleicht sollte noch hinzugefügt werden: Im Zusammenhang mit Asse sollen Enteignungen wieder möglich gemacht werden. Das wurde seinerzeit nicht abgesichert, da der Ausstieg beschlossene Sache war. Ein Fehler mehr.

Im übrigen: Ich schätze Ihre Texte.

Re
Natürlich gibt es in jeder Herrschaftsform eine Elite, die oft Eigennützig handelt. Volksherrschaft ist nur eine Übersetzung des altgriechischen Begriffes Demokratie. Im Idealfall sollte in Deutschland das Volk indirekt über Wahlen eine Regierung wählen, die seine Interessen angemessen vertritt. Das System halte ich in der Theorie für gut und sinnvoll. Demokratische Defizite sind eher im Beziehungsgeflecht und in der grundsätzlichen Existenz eines Parteiensystems finden.

Obwohl es schon in der Vergangenheit unter jeder Regierung haarsträubende Fehlentscheidungen gegeben hat, so ist dieser Vertrag doch in einer ganz neuen Katastrophendimension. Einen derartigen Ausverkauf hat es seit Jahren nicht mehr gegeben.
Die Möglichkeit, Endlagerstätten zu enteignen setzt dem ganzen nur die Krone auf.

P.S.
Danke für das Lob!

Verneigung.
Ich verneige mich vor ihrem Schreibstil. Kein Vergleich zu manch anderen Textmedien...